Von der Fee, die Feuer speien konnte

4.7/5 ( ratings)

Drachen, die Feuer speien: nichts Neues. Eine Fee, die Feuer zu pusten, gar Feuerkringel zu erzeugen weiß: schon eher. Und dann auch noch eine, die vom Kopf bis zu den Knöcheln verrußt ist, deren Kleid eine Anhäufung von Brandlöchern darstellt, der Ascheaus den Haaren rieselt, deren Hände Kohlenschaufeln gleichen: Kann´s eigentlich nicht geben. Und gibt es doch.

Anna Susanna heißt sie. Als die Geschichte beginnt, ist sie noch eine Fee, wie wir sie aus vielen Märchenbüchern kennen: lustig und luftigund duftig, trägt rosige Sommersprossen und ein maigrünes Kleid. Jedem wird warm, wenn er sie nur sieht. Selbst den Schneewolken. Und so fällt denn in dem Wald, in dem Anna Susanna haust, auch kein eisiger Regen, nicht eine Flocke Schnee.

Gut haben es die Tiere und Pflanzen, leben wie in einem Paradies und ahnen nicht, wie nahe die große Gefahr ist. Denn der Winterkönig wird sich das nicht mehr lange anschauen, diese kleine Welt voll ewigem Sommer, wo Wiesen sprießen und Hasen grasen und Hummeln brummeln und Linsen grinsen, als ob er gar nichts zu sagen hätte. Und so droht er Anna Susanna denn, der Winterkönig: Ich werde dir schon zeigen, wer winters hier Herr ist!

Nach dem großen Erfolg von Franz Fühmanns Anna, genannt Humpelhexe erscheint nun sein zweites Märchen auf Bestellung in einer neu gestalteten Einzelausgabe. Wieder fasziniert Fühmann mit überraschenden Wendungen, wieder weiß er junge wie auch vermeintlich alte Leser in den Bann zu schlagen, wieder gelingt es ihm mit wenigen Worten, Welten entstehen zu lassen, Spannung zu erzeugen, zu unterhalten und gleichzeitig aufzuklären.

Hier schreibt einer, der zurecht als "begnadeter Märchenerzähler" bezeichnet wird. Und es gesellt sich eine hinzu, deren "grandiose Illustrationen" zu dem besten gehören, was im Bereich Bilderbuch gegenwärtig zu erfahren ist: Jacky Gleich. Erneut zeigt sie sich dem Fühmannschen "Sprachfeuerwerk" gewachsen, stellt ihre Sicht auf die Ereignisse im Feenwald auf kongeniale Art dar.

Und Anna Susanna: Sie wird sich nicht unterkriegen lassen, auch wenn sie wie all' die anderen begreifen muss, dass nicht alles so läuft, wie sie es sich wünscht, es weder Paradies noch Schlaraffenland gibt...